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Dezember oh o

Ganz im Flow jedem Monat ein kleines Wort anzuhängen ("Oktober Adieu", "November Ahoi",...), wollte ich dem Dezember leicht weihnachtlich ein "oho" hinzufügen. Dann war ich aber schon wieder krank und drei Tage im Krankenhaus und es wurde mehr zum "oh oh".. Aber alles in seiner Reihenfolge: Woche nach Woche und diesmal auch noch etwas ausführlicher, als es sowieso immer ist.

Mit dem 1. Dezember konnte ich mein erstes Türchen öffnen. Meinen Adventskalender hatte ich aus einer Cornflakespackung, einem mittelprächtigen Malkunstwerk und leeren Eierkartons als Türchenform zusammengebastelt. Jeweils sechs Tage davon waren dann von meinen vier Mitbewohnern befüllt...meistens zumindestens; gegen Ende sind wir ein bisschen durcheinander gekommen.

1.Advent

Das erste Adventswochenende nutze ich, um mir einmal die Aeon Mall hier in Phnom Penh anzusehen. Das riesige Kaufhaus ist mit Weihnachtsdeko geschmückt und kurz nachdem ich mein Fahrrad im Mopedparkplatz abgestellt habe (mit Parkschein!), höre ich "Last Christmas" als Khmer Version aus der Decke spielen. Markenläden und Essensangebote häufen sich, ich beschließe in den 4. Stock zu waren, in dem es eine Eishalle geben soll. Den Eingang dazu finde ich nicht, aber befinde mich dafür auf einmal auf dem Parkdach und genieße die Sonne und den Ausblick. Zurück zu Hause schneide ich im Laufe des Tages noch Marias und Chelseys Haare (womöglich mein neues Hobby) und gehe dann früh schlafen, weil ich am nächsten Morgen gegen fünf auf einen Markt auf meinem Arbeitsweg möchte. Passanten wecken einen TukTuk Fahrer für mich, was mir zwar Leid tut, sich aber gelohnt hat: ohne Frühstück im Bauch bewundere ich Massen von Obst und Gemüse, überladene Fleischstände, stehe mehrfach im Weg und stehe in Pfützen aus was auch immer und unterhalte mich kurz mit Verkäufern, die mich fragen wo ich herkomme. Als ich allerdings einen Mann mit einem halben Rind über der Schulter erblicke, wird mir zugegebenermaßen doch ein bisschen schlecht.

Montag geht es dann für mich zum Zahnarzt (Weiterleitung zu meinem letzten "Währenddessen in Kambodscha"). An Nikolaus gehen wir als große Gruppe deutscher Freiwilliger (wir und unsere Nachbarn und den Rest ihrer Gruppe, die mit Via e.V. in Kambodscha sind), weil unsere Nachbarin - meine Friseurin by the way - Geburtstag hat. Freitagabend gehen wir zum ersten Mal tanzen, nachdem ich bei einer interessanten Veranstaltung war, bei der ein kleines Theaterstück über eine Frau, die nicht früh heiratet, sondern ihre Schulausbildung beendet und einen Job erlernt) gezeigt wird, dass nun als "Vorbild" in kambodschanischen Schulen im ganzen Land aufgeführt werden soll. Erster Stopp des Abends ist dann ein Gay Bar Opening mit imposanter Performanceshow und dann ein empfehlenswerter kleiner Club ein paar Straßen weiter. Phnom Penh soll übrigens ein hippes Nachtleben haben, von dem ich noch nicht viel gesehen habe und deswegen wahrscheinlich auch an diesem Tag zum ersten Mal deutlich nach Mitternacht im Bett war.
Bevor auch schon die zweite Kerze angezündet werden kann, verbringe ich meinen Samstagmorgen mit meiner neuen kambodschanischen Freundin Sonita. Ich habe sie bei meinem Yoga Kurs kennengelernt, bei dem sie mich sehr offen angequatscht hatte. Nun sitzen wir in einem netten Café und essen Nudelsuppe zum Frühstück und gehen dann zum Toul Tumpung Market, auf dem sie mir zwei neue Kleidungsstücke aushandelt. Abends wollen wir eigentlich auf die Grillparty eines anderen Geburtstagskindes der Freiwilligengruppe, aber Stromausfall, Stau und ein TukTuk Fahrer, der uns wegen des Weges früher rausschmeißt, lassen uns die Feier so gut wie verpassen. Einen Weihnachtsfilm zu Hause später, ist das Wochenende dann auch schon wieder halb rum.

2.Advent

Kimsrien und ich beim arbeiten. Das Bild ist enstanden, weil unser Kollege Ratna eine neue Kamera auspropieren wollte.

Ein Frühstück im neuen Café im Supermarkt neben an, eine neue Guitarre für die WG und ein deutsch-kambodschanischer Kochaustausch am Abend - viel mehr kann man von einem Sonntag nicht erwarten. Abends kam meine Mentorin und wir lernten Kokospudding, frittierten Fisch und ein Fisch-Ingwer-Mahl zu kochen und sie Pfannekuchen zuzubereiten.

Montag. Neue Woche neues Glück: eine Woche nach meinem Mini-Unfall, ist dann der Tag gekommen, an dem mir mehr oder weniger freundlich gesagt wird, dass ich zugenommen hätte :D Wie auch den Tag drauf gibt es Fisch zum Mittag, der in unsere Küche für alle frisch zubereitet wird..."chnang na"(sehr lecker!). Ich plane außerdem neben der Arbeit einen Kurztrip über Silvester ans Meer, sodass ich am Mittwochmorgen erstmal die Busfahrkarten dafür besorge. Meine "Arbeit" ist momentan weiterhin Reports zu korrigieren und immer mal wieder besprechen wir die nächsten UVP Besuche im Februar und März.

Freitagmorgen frühstücke ich auf dem Weg. Entlang des Mao Tse Tungs fahre ich nämlich jeden Tag an mehreren Essenständen vorbei und möchte nach und nach mal alles probieren. Ich entscheide mich für "onsom ang", eine kleine Banane in sticky rice gehüllt und dann gegrillt. Zusammen mit einem "dei greuchschmah" (Tee, Zucker, Eis und Limette) esse ich beides im Office, mundet. Jedoch wird mir (ich glaube aber nicht davon) am Vormittag übel, ich kann nichts zu Mittag essen und fahre dann nach Hause. Abends bekomme ich leichtes Fieber, die Übelkeit geht nicht weg. Samstag wollten wir eigentlich zu einem deutschen Nikolausgottesdienst gehen, aber ich bleibe lieber zu Hause.  Ich probiere,zu essen, zu trinken, aber das macht keine Freude und hilft auch nicht gerade gegen das Übelkeitsgefühl.

3,Advent

Es ist Sonntag, der 3.Advent. Ich wache auf und fühle mich, als hätte ich kaum geschlafen, weshalb ich gleich nochmal eine Runde dran hänge. Meine Beine sind schwer, alles tut ein bisschen weh und auch die Motivation dagegen etwas zu tun, kann ich kaum aufbringen. Abends ist dann auch Maria krank, bekommt Fieber und fährt ins Krankenhaus. Als ihr mittgeteilt wir, dass sie Pfeifferisches Drüsenfieber haben könnte, mache auch ich mich nachts noch auf ins Krankenhaus, weil ich vermute, dass ich sie angesteckt habe. Auch ich werde stationär aufgenommen, Pfeifferisches Drüsenfieber oder ein anderer Virus werden aber ausgeschlossen.

Von Sonntagnacht bis Mittwoch Nachmittag bleibe ich dann, zwei Zimmer neben Maria, im Krankenhaus. Ich habe eine Magenschleimhautentzündung. Mit netten Schwestern, meistens freundlichen, aber immer wechselnden Ärzten und einem schönen Ausblick aus dem 6.Stock lässt sich das auch gut überstehen. Mir geht es zu keinem Punkt sehr furchtbar, aber ich merke schon, dass sowas zu Hause und mit händchenhaltenden Eltern vermutlich einfacher wäre. Beim Verlassen des Krankenhaus hatte ich das Gefühl wieder ins Leben zurückzukehren. Vom 6. Stock aus hatte ich einen schönen Blick über Phnom Penh, aber es hatte sich nicht angefühlt, als wäre ich in Phnom Penh gewesen. Durch die Fahrt mit dem Aufzug musste ich im wahrsten Sinne des Wortes also erstmal runterkommen.

Donnerstagabend landet Annas Schwester in Phnom Penh und hat eine große Tüte Weihnachtssüßigkeiten im Gepäck. So haben wir bei guten Tee noch einen "kleinen Vormitternachtssnack" zu genießen.

Nach einem Tag Ruhe zu Hause, schlafe ich Freitag aus und fahre dann ins Office. Zu meiner Überraschung ist es mit buntem Lametta und Weihnachtsbildern geschmückt, auf meinem Tisch liegt ein "Welcome back Tess!"-Schild und Chelsey und Kimsrien strahlen mich gerade zu an. Da beide schon genau richtig geschätzt haben, dass ich nichts Gekochtes fürs Mittagessen im Office dabei habe, gehen wir gemeinsam auswärts essen.

Freitagabend

Am Samstag esse ich auf dem Markt zu Mittag und kaufe Gemüse für unser weihnachtliches Festmahl ein. Abends gehen wir  für den Film "Tatsächlich... Liebe" ins Kino. Zurück zu Hause, kann ich nicht anders, als unser Wohnzimmer noch ein bisschen vorzubereiten..Lichterketten aufzuhängen, den kleinen Plastikbaum, den wir ebenfalls mitgebracht bekommen haben aufzustellen und mein Wichtelgeschenk darunter zu legen.

Weihnachten

Auf unserer Heimfahrt nach dem Brunchen (EIgentlich hab ich noch Haare auf dem Kopf!)

Weihnachten wird in Kambodscha prinzipiell nicht gefeiert. Jedoch haben es Weihnachtsdeko und Klassisches wie "Last Christmas" bis nach Phnom Penh geschafft. Zu unserem Glück fällt der 24. auf  einen Sonntag und wir müssen nicht arbeiten. Als kleine Gruppe fahren wir morgens zu einem Tempel in der Nähe des Independance Monument, in dessen Saal Kissen für eine freie Meditation legen. Es wir nichts angeleitet, wir suchen uns einfach still freie Plätze. Danach treffen wir uns zum Brunch als zwölfköpfige Gruppe deutscher Freiwilliger zum Brunch. Nach einer absolut notwendigen Verdauungspause, kaufe ich noch ein paar Geschenke und dann beginnen wir auch schon die Kochvorbereitungen. Sobald alles fertig und der Tisch gedeckt ist, geht das große Essen für diesen Tag in die zweite Runde. Maria und meinem Weihnachtsbrauch zu Liebe steht auch Kartoffelsalat auf dem Tisch. Nach einer besinnlichen Bescherung und fröhlichem Weihnachtsliedersingen mit unserer neuen Gitarre geht es uns mehr als gut (auch wenn eine Live-Übertagung in einen deutschen Gottesdienst technisch leider nicht klappt und ich aus Versehen das Internet ausstecke).

Es ist nicht wie zu Hause und ich bekomme auch nicht ganz das Weihnachtsgefühl. Etwas fehlt und das ist wahrscheinlich das, was so schwer ist an Weihnachten nicht zu vermissen: zu Hause und seine Herzensmenschen. Aber wir feiern ein schönes Fest, eines, das ich auch nicht anders gewollt hätte, als hier in Kambodscha und mit meiner neuen Familie. Jede Form von Nachricht aus Deutschland hat sehr gerührt und ich freue mich auch wieder darauf, nächstes Jahr ein traditionelles, deutsches Weihnachtsfest zu feiern. Zu lernen, dass die Adventszeit nicht stressig sein muss und man Weihnachten auch ganz anders verbringen kann, habe ich genossen und ich glaube, dass ich dadurch auch all die gewohnten Weihnachtsfeste in den nächsten Jahren als noch besonderer wahrnehmen werde.

4.Advent

Da Weihnachten auf den 4.Advent fiel, ist dies nun die Überschrift für die Woche danach. Ich habe nämlich auch das Glück den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag besonderer zu verbringen, als gewöhnliche Montage und Dienstage. Mit meiner Mitfreiwilligen Chelsey, für die Weihnachten ja sowieso eher der 25. ist, bastel ich Montagmorgen kleine Weihnachtsgrüße für unsere Kollegen: ein Stück Pappe mit passendem Wunsch und einer Praline, die wir im Regal hinter der Küche im Hof, in dem fast jeder Mitarbeiter ein Fach hat, verteilen. Unsere Kollegen freuen sich und einige erzählen uns, dass sie noch nie etwas zu Weihnachten geschenkt bekommen haben und sich die meisten Ausländer über die Feiertage immer frei nehmen. Abends sind wir bei einer ehemaligen deutschen Freiwilligen und ihrem Freund eingeladen. SIe hat Klöße, Gulasch und Rotkraut gemacht und es schmeckt sehr sehr gut. Ganz nach kambodschanischer Art auf dem Boden sitzend bekommen wir sogar Glühwein angeboten. Auch am Dienstagabend wird es feierlich, auch wenn ich das morgens noch nicht geahnt habe. Ein Guard von LWD geht in Rente und zu diesem Anlass wird im gedankt, es gibt Geschenke und wir gehen abends alle gemeinsam essen. Fast alle Kollegen aus dem PHnom Penh Office sind dabei und es ist ein sehr schöner, wenn auch etwas trauriger Abend - den lieben Guard werde ich nämlich hin und wieder vermissen. Den Rest der Woche komme ich in den Genuss nochmal zu, Check-Up zum Arzt zu gehen, Reisporridge und Frosch zu essen und meinen Koffer zu packen. Das letzte Wochenende des Jahren verbringe ich nämlich am Meer.

Silvester

Es geht ans Meer, genauer gesagt auf die Insel Koh Tonsay einige Kilometer vor dem Küstenort Kep. Nach nicht einmal viereinhalb Stunden reibungsloser Busfahrt kommen wir an, fahren mit dem Boot an den Hauptstrand der kleinen und ansonsten naturbelassenen Insel und verbringen zwei schöne Tage dort. Wir schlafen zu fünft in einem einfachen Bungalow, in dem es nicht immer Strom oder Wasser gibt, aber wer braucht das schon. Erwähnenswert: In abenteuerlichen fünf Stunden laufen wir in Flip Flops einmal um die Insel, während andere nicht einmal halb so lang brauchen und der Reiseführer von ca. eineinhalb Stunden spricht. Außerdem kommen wir in den Genuss (meistens) guten Essens und einer Massage beim Sonnenuntergang. 

Koh Tonsay kann man wohl ein Stück Paradies nennen und vorallem auf den traumhaften Bildern sieht man auch nicht, wie ätzend es ist, wenn die Bungalowbuchung nicht ankam und man spontan eine neue Unterkunft suchen muss, wie lange wir zum Teil auf unser Essen gewartet haben und man sieht auch nicht, wie kühl der Wind morgens und wie heiß die Sonne mittags war.

Den Silvesterabend verbringen wir zwischen einigen Kambodschanern, die zu unserer Verwunderung all ihre kleinen Feuerwerkskörper vor Mitternacht abfeuern und kurz nach 12 Uhr schlafen gehen. Auf zwei hellblau angestrichenen Liegen, dürfen wir dann schon sechs Stunden früher als in Deutschland den Countdown starten und rutschen entspannt - ohne große Party oder ein monströses Feuerwerk - ins neue Jahr,

Wenn nun auch ein bisschen spät, wünsche ich euch allen ein fröhliches neues Jahr!

und ein Dankeschön an alle, die bis jetzt so fleißig meinen Blog gelesen haben.

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